Ofenbau Geschichten
Zum Ofenbau in die USA
Es gibt Anfragen, die sind so skurril, dass sie unmöglich ernst gemeint sein können – oder vielleicht doch?
Stefan Ernst, Ofenbauer aus Metzingen, staunte jedenfalls nicht schlecht, als er eine E-Mail-Anfrage aus Colorado/USA bekam. „Würden Sie für unser Blockhaus einen Kachelofen bauen?“, wollte die Absenderin wissen. Der Handwerksmeister hielt das für einen Scherz, seine Frau Renate antwortete trotzdem. Und siehe da: Die Anfrage war echt. So kam es, dass der Ofenbauer einige Monate später zusammen mit einem Mitarbeiter nach Denver flog. Werkzeug und Material hatte er bereits vorab mit Kisten verschifft.
Schnell zeigte sich, dass die Auftraggeberin große Dimensionen gewohnt war: Das Blockhaus entpuppte sich als 500-Quadratmeter-Wohnhaus auf einem Bergrücken auf 3000 Meter Höhe – der Bauplatz samt Zufahrtsstraße war eigens in den Fels gesprengt worden. Manche Details brachten Stefan Ernst zum Staunen. So lag zum Beispiel ein Telefon an einem langen Kabel auf der Baustelle herum – mal in der Baugrube, mal daneben. Irgendwann schaffte der Ofenbauer Ordnung, indem er nach Hammer und Nägeln griff und das Teil kurzerhand an der Hauswand befestigte. Auch in Sachen Bausubstanz gab es einiges, das nicht ganz dem Standard in Sachen Ofenbau entsprach. „Hierzulande baut man erst einmal ein Dach, bevor man den Kamin einsetzt“, bemerkt Stefan Ernst. Auch die Materialien waren nicht gerade normkonform: Wände und Böden waren aus Holz, der Kamin aus Pappe.
Die beiden Metzinger Handwerker entwickelten kreative Lösungen und machten das Unmögliche möglich: So entstand mitten in Colorado ein original deutscher Kachelofen für die gute Stube des riesigen Blockhauses. Die Auftraggeberin selbst, die aus dem Allgäu stammt, war hochzufrieden. Das zeigte sich daran, dass sie sich drei Jahre später mit einem neuen Auftrag für einen Kachelofen an den Metzinger Ofen- und Kaminexperten wandte – diesmal für ihr neues Heim in Ohio.
So reiste der Ofenbauer samt Gesellen ein zweites Mal in die USA. Die Dimensionen des neuen Anwesens standen dem in Colorado in nichts nach. Noch heute lacht Stefan Ernst, wenn er an den riesigen Pferdestall neben dem Wohnhaus zurückdenkt. „Ich war tief beeindruckt und fragte, für wie viele Pferde er gedacht sei“, erinnert er sich. „Man hat mich dann freundlich darüber aufgeklärt, dass es nur ein einziges Zwergpony gebe.“ Falls irgendwann eine E-Mail-Anfrage für einen Kamin in einem dritten Blockhaus eintreffen sollte, würde es Stefan Ernst nicht wundern. Er ist jedenfalls gerne bereit, in Texas, Kalifornien oder Alaska einen tollen Ofen zu bauen. Ganz nach dem amerikanischen Motto: Think big!